Die Strecke in Leogang (AUT) wurde im Vergleich zu den letzten beiden Jahren etwas abgeändert. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass die Strecke nun 100m kürzer ist und pro Runde 53m weniger Höhenmeter zurückgelegt werden müssen – zumindest gemäss den Angaben vom Veranstalter. Mein Velocomputer hat andere Daten gemessen – und zwar auch mehr Höhenmeter als 2022. Fakt ist jedoch, dass die Strecke in Leogang sehr steile und lange Anstiege enthält und immer noch ins Reich der Bergziegen gehört.
Bei der Streckenbesichtigung am Freitag gab es ein Novum für mich: Erstmals seit ich in Leogang Rennen fahre (seit 2021), ist die Strecke staubig. Normalerweise konnte man sich am Donnerstag/Freitag im Schlamm suhlen, bevor die Strecke bis Sonntag dann meist etwas abtrocknete.
Doch es wäre nicht Leogang, würde es nicht irgendwann während dem Rennwochenende regnen. Der Regen von Freitagnachmittag und der Nacht auf Samstag sorgt dafür, dass es stellenweise griffiger wird. Doch Wurzeln und Steine sind am Samstag bei der Streckenbesichtigung rutschig. Insbesondere der Dreck, welcher von den Reifen auf Wurzeln und Steine gebracht wird, macht die Abfahrten schliefrig. Die eine oder andere Fahrerin fährt nicht mehr so souverän herunter wie noch am Tag zuvor und rutscht von Wurzel zu Wurzel im Zickzack den Hang hinunter. Für die Regenmengen, die es gegeben hat, ist es jedoch noch erstaunlich trocken.
Bis Sonntag mag die Strecke praktisch gänzlich abtrocknen. Leider habe ich beim Start nicht das nötige Glück: Ich überhole am Rand des Feldes im ersten Gras-Anstieg Fahrerinnen und wähle eine langsamere Linie, bei der ich aber hoffentlich dem Stau ausweichen und dadurch einige Fahrerinnen überholen kann. Doch vor mir bleiben sie stehen. Wahrscheinlich wollten sie noch die «Spur» wechseln. Ich verliere wieder die zuvor gewonnene Ränge. Vor der ersten Abfahrt gibt es dann für eine Zeit lang kein Weiterkommen. Etliche Fahrerinnen, inkl. mir, stehen still und warten, bis sie endlich in die Abfahrt können. Bei einer Rampe entlang eines Skilifts entscheide ich mich dazu, mehr oder weniger meine Position zu halten und nicht weiter nach vorne zu fahren. Dafür müsste ich im Gras fahren und bräuchte aufgrund des hohen Rollwiderstands innert kurzer Zeit viel mehr Energie, welche mir später fehlen würde.
Auf Rang 58 begebe ich mich auf die erste grosse Runde. Der Anstieg von Start/Ziel zum höchsten Punkt ist der mit Abstand längste – zuerst auf Gras, später auf einem breiten, aber sehr steilen Mergel-Weg und am Schluss auf einem schmalen Single-Trail. In den breiteren Abschnitten gibt es Lücken zwischen den Fahrerinnen/Gruppen. Ich kann weitere Plätze gutmachen. Doch beim Single-Trail werden erneut meine Stillsteh-Fähigkeiten geprüft. Rad an Rad fahren wir ultralangsam den Berg hoch. Es ist gar nicht so einfach, mit hohem Puls und mit kaum vorhandener Trittfrequenz so langsam zu fahren, immer darauf bedacht, nicht in die vordere Fahrerin zu fahren. Vor mir berühren sich diverse Räder, gewisse Fahrerinnen kommen aus der Balance und müssen den Fuss auf den Boden setzen oder gar kurz absteigen. Die Zeit vergeht, doch irgendwann komme auch ich noch am höchsten Punkt an. Sobald ich endlich etwas zufahren kann, werde ich in den Abfahrten mehrfach ausgebremst.
Lange ist es schwierig, zu überholen, ohne einen Sturz zu riskieren. Etwas frustrierend, denn ich investiere Energie, um Plätze gutzumachen, wo es möglich ist, nur um kurz darauf wieder auf Fahrerinnen aufzuschliessen, welche einen in der Abfahrt ausbremsen.
Gegen Ende kann ich endlich mehr zufahren. In der letzten Runde lasse ich mich nicht aus der Ruhe bringen, als mich die gleich zuvor überholte Yana Belomoina im Grasabschnitt des längsten Aufstiegs, gleich nach Start/Ziel wieder an mir vorbeifährt. Ich fahre mein Tempo, im Wissen, wo meine Stärken liegen und ich möglicherweise wieder Zeit gutmachen kann. So bin ich nämlich schon bald wieder an ihrem Hinterrad und überhole sie. In jedem Anstieg versuche ich nochmals schneller zu fahren und mehr zu pushen – und die Bremsen in den Abfahrten offen zu lassen, sodass ich mich aber trotzdem etwas erholen kann, um dafür in den Anstiegen wieder mehr Zeit herausholen zu können.
Im Skilift-Anstieg gebe ich nochmals Vollgas und kann noch Bec Henderson überholen. Die Beine sind unterdessen total blau. Ich sehe, dass nicht allzu weit vor mir nochmals eine Fahrerin ist. Viel Zeit bleibt mir allerdings nicht mehr. Ich arbeite aktiv über die Wellen mit, um Speed zu generieren. Den letzten kurzen, aber brutal steilen Anstieg sprinte ich, so gut man diesen hochsprinten kann, hoch. Fast bin ich am Hinterrad der vorderen Fahrerin, doch es fehlt mir die Kraft, um über die Kuppe noch mehr zu beschleunigen. Im ganzen Körper spüre ich die Säure. In der letzten Runde konnte ich nochmals zusetzen und fahre meine schnellste Runde dieses Rennens. So überquere ich die Ziellinie auf Position 37 – nicht wirklich das Resultat, welches ich mir erhofft habe. Doch ich habe alles gegeben, sodass ich während dem Rennen trotz warmen Temperaturen kalt hatte…
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