Während viele Athletinnen und Athleten im warmen Süden ihre Kilometer auf dem Rennrad sammeln oder dort bereits Rennen bestreiten, habe ich im Schnee trainiert. Nach vielen Wochen lernen und Prüfungen schreiben, hatte auch ich endlich etwas Zeit für ein Trainingslager. Da die Zeit bei mir jedoch auf zwei Wochen beschränkt war und der Aufwand, in den weiten Süden zu reisen nochmals einiges grösser ist, hatte ich mich dafür entschieden, mit dem Zug ins Engadin zu reisen und meine Eltern zu begleiten. Beim Langlaufen wird – von der Nase bis zur Zehenspitze – fast jeder Muskel gebraucht; es bietet sich im Winter als gutes Alternativtraining und willkommene Abwechslung an. Auch hier spielt die Technik eine wichtige Rolle – und: Langlauf findet ebenfalls in der Natur draussen statt.
Nach all dem Prüfungsstress brauchte ich auch etwas Zeit, um meinen Kopf wieder etwas aufzufrischen, sodass ich mich gut auf die neue Saison fokussieren kann.
Der Wetterbericht sah weniger rosig aus für die ersten Tage, jedoch glaubte ich an die kleine Chance, dass sich die Wettermodelle wieder einmal irrten. Ich hoffte also auf besseres Wetter und vor allem auf Schnee. Gleich am Samstag ging es das erste Mal auf die LL-Skier, jedoch fielen bereits auf dem Rückweg einige Regentropfen.
Nachdem sich ein Sturm zwei Tage lang ausgetobt hatte, lachte am Donnerstag erstmals die Sonne uneingeschränkt vom Himmel. Die Landschaft präsentierte sich frisch verschneit; einfach wunderbar – und zum Glück, sonst hätte ich bald «Gras-Langlaufen» müssen. Die Schneedecke war bereits dünn und der Regen sowie die warmen Temperaturen – 8°C! – setzten dem Schnee arg zu. Das Wachsen der Klassisch-Skis ist nicht einfach bei diesem Schnee, da das Steigwachs gut haften sollte. Ansonsten fehlt in den Aufstiegen der Grip in der Spur. So hatte ich mich ganz auf die jahrelange Erfahrung meines Vaters verlassen und wir wagten uns dennoch mit den Klassisch-Skiern auf die Loipe. Spätestens im Sonnenhang waren allerdings Gleichgewicht und Stabilität besonders gefragt, denn der Schnee war je nach Exposition der Loipe ganz unterschiedlich; Grip war entsprechend oft mehr Wunsch als Wirklichkeit. Trotz sorgfältigem Laufen hielt der Ski nicht mehr richtig, und es war mit der Zeit ein K(r)ampf, um in der Spur laufen zu können.
Einen Tag später war die Loipe nach Zernez wieder offen, nachdem sie aufgrund Lawinengefahr gesperrt gewesen war. Dort trafen wir ganz frische Spuren an, was auf diesem Abschnitt nicht immer der Fall ist. Immer noch frisch verschneite Bäume (Schatten sei Dank), eine frisch gespurte Loipe und fast keine Menschen – was will man mehr! 😊 In Zernez konnten wir uns dann noch auf der Rennloipe, gespickt mit steilen Aufstiegen und engen Kurven, austoben.
Am Sonntag stand die «Königsetappe» auf dem Programm, soll heissen: 5h Langlauf (und logischerweise nicht nur flach, damit es einem nicht langweilig wird 😉). So gehörte auch die Alp da Staz zur To-Do-Liste. Wer sie kennt, weiss, dass es teilweise sehr steil ist und es sich um einen langen Aufstieg handelt. In diesen 5h sammelte ich über 69km und 1055 Höhenmeter.
Vom Winde verweht: Tags darauf fegte der nächste Sturm über die Schweiz und wirbelte auch im Engadin den Schnee durcheinander, viele Äste brachen ab und Bäume stürzten um. Trotzdem versuchten wir – im offenen Gelände – mit den Langlaufskiern dem Sturm zu trotzen, doch es blieb beim Versuch. Nach rund 20min musste die Übung abgebrochen werden. Lief man gegen den Wind und nicht mit ihm, machte man regelrecht Stehversuche und kam praktisch nicht voran. Die starken Schneeverwehungen auf der Loipe machten unseren Versuch auch nicht einfacher.
Nach dem Sturm konnte ich das Training voll motiviert wieder aufnehmen; im Vergleich zum Plan hatte ich lediglich einen Ruhetag etwas vorziehen müssen. Bei einer intensiven Einheit hetzte ich über die Rennloipe in Pontresina. Obwohl es ein hartes Training war, war es für mich auch einfach ein Genuss – ich liebe es, die Aufstiege hinauf zu jagen! 😊
Insgesamt kamen in diesen ereignisreichen, schönen, aber auch anstrengenden Tagen während 29h Trainingsstunden fast 400km und 5900 Höhenmeter auf den Langlaufskiern zusammen. Ich genoss die zwei Wochen abwechslungsreiches Training. Nun bin ich mental wieder frisch gestärkt und freue mich auf die weiteren Vorbereitungen dieser Saison, denn schon bald steht der Saisonbeginn vor der Tür!
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