Mit rund 4 Monaten Verspätung konnte ich dieses Wochenende in die Crosscountry Rennsaison starten – endlich! Austragungsort des zum Swiss Bike Cup zählenden Rennens war Leukerbad (VS) auf 1400m.ü.M. Da zurzeit weltweit erst wenige Rennen durchgeführt werden und die FahrerInnen Rennerfahrung sammeln möchten, reisten auch viele ausländische FahrerInnen nach Leukerbad. Es war ein hochkarätiges Feld am Start. Die Besetzung war praktisch jener eines Weltcups gleichzusetzen, nur die Athletinnen aus Übersee fehlten.
63 Frauen reihten sich auf der Leichtathletik-Bahn in Leukerbad auf. Da das Feld so gross war, sollte zuerst eine Startschlaufe gefahren werden, damit es auf den schmalen Trails zu weniger Stau kommt.
Die Nervosität nach der Corona-bedingten Rennpause war vor dem Start deutlich spürbar: Unruhig rutschten die Elite-Fahrerinnen auf dem Sattel hin und her, rollten das Bike etwas weiter nach vorne und spannten vor Nervosität immer wieder die Muskeln an, um möglichst explosiv loslegen zu können, wenn dann der Startschuss endlich einmal fallen sollte. Das illustre Teilnehmerinnenfeld, angeführt von Weltmeisterin Pauline Ferrand-Prévôt, Jolanda Neff und Sina Frei trug auch nicht dazu bei, die Anspannung der meisten Athletinnen zu reduzieren. «Noch eine Minute zum Start. One minute to the start.» … «15 Sekunden bis zum Start. 15 seconds to the start.» Alle rückten noch etwas weiter nach vorne und enger zusammen. «Peng!» Los geht’s! Voller Kraft traten wir in die Pedale und sprinteten los.
Doch: Noch bevor ich das Rennen richtig lancieren konnte, lag ich auf dem Boden. Keine 10m gefahren, stürzte ich in der Hektik des Feldes: Von rechts fuhren vermutlich (den genauen Sturzhergang/-grund kenne ich nicht, es ging viel zu schnell) Athletinnen in mich hinein und mein Ausweichmanöver nach links wurde von anderen geblockt. Ich spürte schmerzlich, wie mein Gesicht über den Tartan-Belag schliff. Während dem Stürzen konnte ich nur ausmachen, dass eine (oder mehrere) Fahrerin(-nen) in mich hineinfuhren und auf mich standen oder über mich fielen. Als der Sturm vorbei war, und ich mich nicht mehr vor nachfolgenden Fahrerinnen schützen musste, stand ich auf und lief, etwas geschockt von diesem Ereignis, langsam zu meinem Bike. Es lag zu meiner Überraschung nicht direkt bei mir, sondern einige Meter entfernt. Ich fixierte meinen aus der Halterung gesprungenen Velocomputer, brachte Schalt- und Bremshebel wieder in die richtige Position, und startete quasi ein zweites Mal.
Niedergeschlagen und mit schmerzendem Gesicht, schmerzenden Beinen und Armen, machte ich mich langsam an den Aufstieg und an die Verfolgung des Feldes – als abgeschlagene Letzte. Die Personen am Wegrand riefen mir zu und versuchten mich zu motivieren. Doch ich hatte auch Mühe mit Atmen. Ich schaute nicht gross nach vorne, bis sich jemand aufgeregt vor mir bewegte und mir zu verstehen gab, dass ich für die Startschlaufe links abbiegen sollte. Zu meiner grossen Überraschung konnte ich bereits in dieser Startschlaufe bzw. in der ersten Runde ein paar Konkurrentinnen überholen.
Als ich realisierte, dass ich den Anschluss noch nicht vollständig verloren hatte, fasste ich neuen Mut. Die Aufholjagd hatte begonnen. In der ersten grossen Runde fuhr ich sogar meine schnellste Rundenzeit; angefühlt hatte es sich ganz anders, nicht als ob ich mit viel Druck auf den Pedalen fahren würde… Aber: Ich fand in dieser Runde erfreulicherweise meinen Rhythmus, fuhr relativ konstante Rundenzeiten und konnte mich so stetig etwas nach vorne arbeiten. Mit der Zeit holte ich zu mir bekannten Konkurrentinnen auf, was mich zusätzlich motivierte. Insgesamt konnte ich 34 Fahrerinnen überholen, musste mich im «Zielsprint» (versuchte mich von einiges weiter hinten «anzuschleichen») gegen eine Konkurrentin aber geschlagen geben. Schlussendlich klassierte ich mich insgesamt auf dem 29. Rang (13. Rang U23). Somit wurde ich trotz anfänglichem Debakel fünft-beste Schweizer U23-Fahrerin und darf mit dem Ergebnis mehr als zufrieden sein.
Kleine Notiz am Rande: Nach der Heimfahrt fragte mich ein Team-Kollege, ob ich eigentlich immer «so» gefahren sei. Ich schaute fragend mein Bike an und realisierte, dass ich das ganze Rennen mit einem schrägen Lenker gefahren bin. Zum Glück bin ich nicht nochmals gestürzt 😬. Nach dem Sturz beim Start hatte ich gar nicht realisiert, dass der Lenker verschoben war….
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