Bewaffnet mit einem Regenschirm packe ich meine sieben Sachen in das Auto, um nicht bereits vor der Fahrt nach Langendorf platschnass zu sein. In den letzten Stunden kamen vermehrt Hochwasser- und Regenwarnungen, unterdessen steht Langendorf ebenfalls auf der Liste, wenn auch erst bei der Stufe 2. Doch eines ist klar: Beim ersten und letzten Rennen des Argovia Cups in dieser speziellen Saison werde ich nicht trocken ins Ziel kommen.
In Langendorf angekommen, richten wir uns so ein, dass ich im Trockenen einfahren kann. Die Luft ist frisch, doch schon nach wenigen Minuten kullert der erste Schweisstropfen über mein Gesicht und landet auf dem Rahmen des Bikes.
Etwas geschützt durch den Schirm begebe ich mich in Richtung Startgelände und versuche mich und meine Muskeln warm zu halten. Der Regen prasselt während der Startaufstellung unaufhörlich auf uns nieder. Hie und da grollt ein Donner im Hintergrund. Aufgrund der Maske und der hohen Luftfeuchtigkeit muss ich gegen das Beschlagen der Brille ankämpfen. Eine Minute vor dem Start können wir die Maske ausziehen, doch nun muss auch meine Regenjacke weg – es wird zumindest gefühlt nochmals einiges kälter.
Ich muss am Start leider wieder weit hinten einstehen, versuche nach dem Startsignal rasch einen Weg für weiter nach vorne zu finden. Weiter vorne reisst ein Loch auf, ich überhole ein paar Athletinnen und fahre das Loch zu, um mich der vorderen Gruppe anzuschliessen. Bei einem Überholmanöver wähle ich den Weg durch eine Pfütze und schon ist mein linker Schuh voll mit Wasser getränkt.
Im ersten steilen Aufstieg komme ich dann in einen Stau und muss das Bike schieben, doch diesmal gibt es leider keine Möglichkeit, Fahrerinnen im Stau zu überholen, da der Pfad zu schmal ist. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als den Weg hochzugehen. Oben angekommen kann ich mich dann endlich wieder aufs Bike schwingen und in der nächsten schlammigen Passage eine weitere Fahrerin überholen.
Auf dem breiten Weg reiht sich Pfütze an Pfütze, Steine und Wurzeln sind rutschig und der Boden hat sich an den meisten Orten in Schlammlöcher bzw. unterdessen in riesige Schlammbecken verwandelt. Der Regen prasselt pausenlos vom Himmel herab – mal mehr, mal weniger. Dadurch wird der Schlamm immer schmieriger und das Gleichgewicht bzw. die richtige Position auf dem Bike ist mehr und mehr gefragt. Aufstiege, bei welchen eine Runde zuvor noch Grip vorhanden war, werden anspruchsvoller. Obwohl das Gewicht auf dem Hinterrad verlagert ist, beginnt dieses zu rutschen; ein dosierter Krafteinsatz im richtigen Moment ist nun entscheidend.
In der Zwischenzeit konnte ich weitere Ränge gut machen, doch in der letzten Runde sehe ich plötzlich kaum mehr aus meiner Brille; ich muss das Tempo etwas drosseln: Ohne die Wegbegrenzung zu sehen, gleicht die Fahrt eher einem Blindflug. In einem mit Wurzeln geprägten Aufstieg realisiere ich, dass ich so unmöglich hochfahren kann. Etwas genervt über die schlechte Sicht renne ich hoch. Nun entschliesse ich mich, doch noch die Brille abzuziehen. Das Fahren ohne Brille birgt das Risiko, dass Schlammspritzer, Äste oder Steine wortwörtlich ins Auge gehen könnten. Unterdessen haben mich die Verfolgerinnen beinahe eingeholt. So versuche ich im letzten Abschnitt nochmals eine Lücke herauszufahren, was mir zum Glück auch gelingt.
Die Ziellinie überquere ich, total durchnässt und fast vollständig mit Schlamm bedeckt, an 10. Position. Dies wird allerdings erst einen Tag später bekannt: Die schwierigen Wetterbedingungen haben nicht nur uns Fahrerinnen und Fahrer herausgefordert, sondern auch die Technik der Zeitmessung. Aufgrund eines Wasserschadens ist sie ausgestiegen. Rundenzeiten und die genauen Abstände zu den anderen Fahrerinnen bleiben das Geheimnis des Starkregens… Die Siegerin war jedoch schnell bekannt: Isla Short aus der schottischen Nationalmannschaft fuhr bei schottischen Verhältnissen (oder zumindest Stelle ich mir diese so vor) ein souveränes Rennen und feierte einen Start-Ziel-Sieg.
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