Steile und lange Anstiege, rasante Abfahrten, wunderbares Panorama bei Prachtswetter, aber auch Regen, Wind und kühle Temperaturen standen beim Engadin Bike Giro 2020, einem dreitägigen Rennen, auf dem Programm. Nach der länger als erwarteten Rennpause war die Vorfreude auf dieses erste Kräftemessen besonders gross. Auch wenn ich aufgrund der Prüfungsphase, welche nur gerade 3 Tage vor diesem Saisonstart beendet war, in den letzten Wochen nicht wirklich optimal trainieren und regenerieren konnte. Denn es ging bei diesem Rennen nicht unbedingt um ein Top-Resultat, sondern vielmehr um ein wettkampfmässiges Training für die nächstfolgenden Crosscountry-Rennen, sowie die Möglichkeit, endlich einmal meine Sponsoren bei Wettkämpfen zu repräsentieren. Und ein gutes, hartes Training war es allemal 😉! Zudem kann ich mit den Resultaten im Schnitt zufrieden sein 😊.
Die Wetteraussichten waren bereits für Freitagnachmittag weniger gut – Gewitter und Regen waren gemeldet. Zum Glück änderte sich der Wetterbericht aber, und wir konnten die erste Etappe von 36.1km und 1’336 Höhenmeter bei Sonnenschein in Angriff nehmen.
Das Startprozedere lief den Umständen entsprechend etwas anders als gewohnt ab. 15 Minuten vor dem Start konnten wir uns mit Masken umhüllt in unserem Startblock aufstellen. Diese durfte erst rund 1min vor dem Start abgenommen werden. Zudem wurde blockweise und mit einem Abstand zwischen den Blöcken gestartet.
Das Tempo war bereits zu Beginn sehr hoch. Bis zum Sendemast oberhalb Celerina war das Frauenfeld längst nicht mehr zusammen. Mich beschlich das Gefühl, dass ich ziemlich schlecht im Rennen lag. Bei der ersten Zieldurchfahrt verpasste ich zudem einen neuen Bidon bzw. ich konnte ihn nicht gegen den aktuellen austauschen, da die Feed-Zone begrenzt war und ich von deren Auftauchen gleich nach einer Kurve überrascht wurde. Mein Betreuer rief mir dann allerdings zu, dass ich auf dem 9. Rang liege. Ausserdem konnte ich in den kürzeren und steileren Anstiegen Ariane Lüthi und Adelheid Morath überholen, was mir nochmals einen kleinen Energieschub gab. Als wir das zweite Mal zum Sendemast hochfuhren, konnte Ariane mich im langen Anstieg allerdings wieder überholen. In der Abfahrt von der Alp Suvretta hinunter nach St. Moritz wurde ich von Männern, welche in den Aufstiegen stärker waren, ausgebremst. Wiederholtes Bitten, kurz Platz zu machen und mich vorbeizulassen stiess auf taube Ohren. Auch das Intervenieren von weiteren Männern hinter mir nützte nichts. So musste ich lange mit stark angezogener Handbremse hinunterfahren. In einer Kurve sah ich dann jedoch meine Chance und überholte. Sogleich machte die Abfahrt viel mehr Spass; doch es ging nicht lange, da hatte ich bereits wieder auf Männer aufgeschlossen, welche einem nicht vorbeilassen wollten. Das Ziel erreichte ich als 7. Platzierte, da Elisabeth Brandau mit einem Defekt zu kämpfen hatte.
Der Wetterbericht für Samstag wechselte von starken Gewittern und Niederschlägen zu etwas Regen bis um 9 Uhr. Somit nahm ich zwar wetterfeste Kleidung zum Startgelände mit, zog allerdings nicht die ganze Regengarnitur an. Beim Einfahren tropfte es teilweise etwas, doch der grosse Regen blieb aus – das hätte man sich zumindest bis 15min vor dem Start denken können. Denn ab diesem Zeitpunkt regnete es fast durchgehend bis Ende Rennen.
Der Start der 2. Etappe erfolgte etwas gemütlicher als am Vortag, kurz nach dem Startschuss wusste nämlich niemand, ob wir am Seeufer nach rechts oder nach links abbiegen mussten 😄… Als das Tempo im Anstieg Richtung Val Fex verschärft wurde, entschied ich mich mit der Zeit, dass ich nicht mit der Spitzengruppe mitgehe, da ich wusste, was für steile und kraftraubende Anstiege mich gegen Ende der Etappe erwarten würden und nicht bereits zu Beginn «überpacen» wollte.
Lange fuhr ich jedoch nicht viel langsamer als gewisse Fahrerinnen vor mir, denn ich hatte sie immer wieder im Blickfeld. So kam es, dass ich auf dem Weg zurück nach Silvaplana bereits wieder 4 Fahrerinnen überholt hatte. Zwischen Ariane Lüthi und mir gab es immer wieder einen Wechsel in der aktuellen Platzierung. Auf dem breiten Weg Richtung Alp Muntatsch überholte mich Esther Süss. Ab der Alp wurde der Weg schmal und richtig steil. Als ich zu Anne Tauber aufschliessen konnte, wusste ich, dass ich mir das Rennen nicht schlecht eingeteilt habe. Doch ein paar Kurven später zogen sich beide Oberschenkel zusammen. Ich nahm ein paar Schlucke und hoffte, dass der Krampf damit besser würde. Zuerst machte ich mir nicht viel draus, weil ich wusste, dass ich meistens praktisch uneingeschränkt weiterfahren kann. Doch bei einem kleinen, aber steilen Gegenanstieg zog sich der Muskel so stark zusammen, dass ich bei einem kleinen Fahrfehler nicht mehr reagieren konnte und vom Weg abkam. Absteigen vom Bike ist auch nicht gerade einfach, weshalb in dieser Phase wieder Anne Tauber, welche gleich hinter mir war, an mir vorbeifuhr. Die schlammige und rutschige Abfahrt nach Marguns wurde dann eine Herausforderung – nicht, weil es technisch zu anspruchsvoll gewesen wäre, sondern weil ich meinen linken Oberschenkel so gut wie möglich entlasten musste. Sprich ich musste ständig das linke Pedal wieder nach oben drehen und nur in einer Rechtskurve belasten. So kam ich nur mässig schnell den Weg hinunter. Trotz Trinken bei der Feed-Zone und Bidon-Wechsel wollte der Krampf nicht verschwinden, auch wenn er bei gleichmässigeren Bewegungen auf dem breiten Weg nicht mehr so arg zu spüren war, doch er schränkte mich immer noch ein. Als Konsequenz wurde ich von 2 Fahrerinnen überholt. Sobald es steiler wurde, konnte ich jedoch wieder etwas Boden gut machen.
In der Höhe begann es dann auch noch stark zu winden, weshalb ich mich dazu entschied, wieder meine Regenjacke anzuziehen, doch bei dieser hat es dummerweise beim vorherigen Abziehen die Ärmel reingezogen und ich hatte keine Chance, diese während dem Fahren anzuziehen, da es zu stark windete. Also musste ich kurz anhalten. Danach führte die 2. Etappe von der Corviglia über den Corviglia Flow Trail zur Alp Suvretta und dann hinunter nach Silvaplana. Die 2. Etappe konnte ich trotz den Krämpfen auf dem 10. Rang beenden. Im Ziel angekommen begann die Sonne zu scheinen und der Regen hörte auf, wir hatten also das beste Zeitfenster des ganzen Tages erwischt… 😄
Die 3. Etappe führte von Silvaplana über die Olympia-Schanze zurück nach Silvaplana, dann nach Bever und vom Val Bever über den Suvrettapass zum Munt da San Murezzan. Von dort ging es dann über den WM-Trail zur Alp Suvretta und oben durch nach Silvaplana.
An diesem Tag wurde wieder mit einem hohen Tempo losgelegt, da Stefanie Dohrn zu entkommen versuchte. Zuerst probierte ich das Tempo mitzugehen, entschied mich dann aber bewusst dagegen, was sich später als vermutlich falsche Taktik herausstellte. Ich versuchte mein eigenes Rennen zu fahren und die Kräfte gut einzuteilen, denn zum Suvrettapass und weiter hoch würde es noch einige Körner brauchen.
In den technischen Abfahrten wäre ich gerne schneller gefahren oder überhaupt gefahren, wären nicht wieder von sich überzeugte und zu stolze Herren vor mir gewesen, welche nicht hinunterfahren konnten und keinen Platz machten. In der Ebene Richtung Bever musste ich meistens allein fahren und konnte somit von keinem Windschatten profitieren, womit ich rechnen musste, nachdem ich die Spitzengruppe der Frauen hatte ziehen lassen. Bei den Serpentinen Richtung Suvrettapass musste ich mit der Zeit leider laufen, da an den das Mountain Bike stossenden Fahrern praktisch kein Vorbeikommen war, und ich so nur unnötig viel Energie verpufft hätte. Und es ging weiter steil aufwärts, also brauchte ich diese Energie noch.
Beim Munt da San Murezzan angekommen konnte ich die Abfahrt für einmal richtig geniessen, und sie machte riesigen Spass; endlich hatte ich freie Fahrt 😊. Zweimal habe ich jedoch die Kurve bzw. einen Sprung etwas falsch eingeschätzt, konnte mich aber gerade noch retten 😬. Die 3. Etappe beendete ich auf Rang 12 und erreichte somit den 10. Gesamtrang.
Insgesamt haben wir 173km und 6’200 Höhenmeter zurückgelegt. Das Motto der Organisatoren lautete: «Weshalb flach, wenn es auch steil geht?!» 😉 Während dem Rennen konnte ich mir zwar nicht immer die Umgebung anschauen, doch die Landschaft, durch welche wir 3 Tage lang fuhren, ist einfach traumhaft 😍.
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