Seit meinem Sturz anfangs Dezember 2024 habe ich mir zum Ziel gesetzt, mich rechtzeitig auf den Weltcup in Nové Město na Moravě (CZE) zurückzukämpfen und bei einem meiner Lieblingsrennen wieder voll leistungsfähig zu sein. Über Monate hatte ich dieses Ziel vor Augen und arbeitete hart daran, dies zu erreichen – zuerst in der Physio und am Ski Ergometer, dann auf der Rolle und Strasse und nach 10.5 Wochen auch wieder auf dem MTB. Meine ersten Rennen der Saison – bei welcher es auch um die Selektion für die Heimweltmeisterschaft geht – zeigen, dass ich auf einem guten Weg bin, die Formkurve zeigt in die richtige Richtung. Auch die letzten Trainings verlaufen gut und geben mir Zuversicht.
Doch mein Team entscheidet sich leider dagegen, mich an den Weltcup mitzunehmen. Ich erhalte aber von Swiss Cycling das Vertrauen und die Chance, mit Ihnen in Tschechien an den Start zu gehen – herzlichen Dank!
Die Tage gleich vor der Abreise bringen aber wieder etwas Unsicherheit mit. Ich bin gesundheitlich angeschlagen oder zumindest auf der Kippe – und der Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Doch ich bekomme gerade noch rechtzeitig die Kurve.
Die Vorfreude auf den Start der Weltcupsaison in NMNM ist riesig. Lange habe ich darauf gewartet und auf diese Tage hingearbeitet. Die Strecke, eine meiner Favoriten, macht unheimlich Spass und ich bin einfach mega froh, darf ich hier sein.
Am Samstag steht das Shorttrack-Rennen an – für mich eine Premiere in NMNM, da ich bei den letzten Austragungen noch nicht startberechtigt war fürs XCC.
Gleich nach dem Start gibt es eine Kurvenkombination inkl. 180°-Kurve. Ein Flaschenhals, welcher zu Stürzen und Stau führt. Das Rennen entpuppt sich schnell als sehr taktisch, da auf der Zielgeraden starker Gegenwind weht und keine Athletin das Tempo hochhalten möchte im Gegenwind. Bei entscheidenden Passagen kommt es daher immer wieder zu starken Positionskämpfen, wenn alle plötzlich doch vorne sein möchten. In der dritten von sechs Runden nutze ich meine Chance und setze mich an die Spitze des Feldes. Erstmals in meiner Karriere führe ich ein Weltcuprennen an! 😊
Meine Aktion führt dazu, dass das Feld in die Länge gezogen wird. Evie Richards, die amtierende Weltmeisterin, überholt mich vor der 180°-Kurve. Doch über die «Wellen» passiere ich sie wieder und gehe als erste in den Anstieg. In der letzten Runde bin ich etwas eingeklemmt und stehe bei der 180°-Kurve still, als es zu einem Sturz kommt. Dies kostet nebst einigen Positionen auch Energie.
Am Ende fehlt mir diese Energie dann etwas für die finale Entscheidung. Am Ende resultiert Rang 17 – mein zweitbestes Weltcupresultat. Somit darf ich morgen aus der dritten Reihe starten. Auch wenn das Resultat noch etwas besser hätte sein dürfen, bin ich sehr zufrieden mit dem Rennen und nehme viele wichtige und auch positive Erfahrungen – und v.a. ein gutes Gefühl – mit.
Nach einer kurzen Erholungszeit steht am Sonntag bereits das XCO-Rennen auf dem Programm. Beim Start komme ich gut weg, treffe in der hektischen und stark umkämpften Anfangsphase aber ein paar falsche Entscheide oder habe etwas Pech bei der Linienwahl und lasse (zu) viel Energie liegen. Die natürliche und mit Wurzeln durchsetzte Strecke macht enorm Spass und ist flowig.
Doch fährt man am Limit, kann sie sich in eine Bestie verwandeln, welche einem mit jeder Wurzel Tempo und Energie rauben möchte. Die Kraft schwindet und die Muskeln schreien nach Erholung. Trotzdem versuche ich möglichst flowig zu fahren.
In den letzten Runden haue ich nochmals alles aus mir heraus. Trotzdem bekomme ich nicht bemerkenswert schnellere Rundenzeiten hin.
Ich hätte gerne eine bessere Leistung gezeigt am heutigen Rennen. Ich habe den Flow gejagt, aber er blieb mir immer eine Radlänge voraus. Ich habe alles gegeben, aber mehr als Rang 29 war leider nicht möglich. Das Positive ist, dass ich nach meiner Verletzung resultatmässig wieder dort bin, wo ich letzte Saison aufgehört habe.
Eine Woche später stürze ich im Training heftiger, scheine aber keine gröbere Verletzung davongetragen zu haben, ausser Schürfungen und Prellungen. Beim Kopf herrscht allerdings etwas Ungewissheit. Diesen gilt es aufgrund einer möglichen Gehirnerschütterung zu beobachten. Doch die Zeit drängt etwas, denn in weniger als einer Woche geht es in Österreich mit dem nächsten Weltcup weiter. Solange es keine starken Auffälligkeiten gibt, trainiere ich weiter und gebe dem Kopf in der restlichen Zeit aber die nötige Ruhe.
Mit leichter Unsicherheit über meine Gesundheits- und Formzustand reise ich schlussendlich doch nach Leogang. Die rund sechsstündige Autofahrt alleine ist sicherlich nicht gerade heilungsfördernd. Nach der Ankunft erkunde ich die Gegend ein wenig und bin ganz überrascht, als sich plötzlich etwas im Wasser bewegt, und ein Biber gemütlich den Bach hochschwimmt und über umgestürzte Bäume klettert.
In den nächsten Tagen gibt es keine negativen Auffälligkeiten betreffend Gesundheitszustand, sodass ich am Freitag ins Rennwochenende starten kann. Beim Shorttrack-Rennen gelingt es mir nicht, mich zu Beginn wie gewünscht zu positionieren und befinde mich beim sehr steilen Anstieg prompt im Gedränge wieder. So muss ich die steilste Stelle zu Fuss zurücklegen, nachdem auch andere vom Bike mussten. Ich kann mich mit der Zeit nach vorne arbeiten und befinde mich um Rang 24 herum. Schlussendlich reicht es aber ganz knapp nicht für eine Position in einer der drei vorderen Startreihen (Top24) am Sonntag und ich werde 25.
Es wäre nicht Leogang, würde es nicht einmal regnen: Von Samstag auf Sonntag regnet es stark. Die Strecke wird zur Schlitterpartie.
In der schlammigen Wiese finde ich eine gute Linie. Bei der Tech-Zone nach wenigen Metern, muss ich mich für Option eins oder zwei entscheiden, denn es gibt zwei getrennte Einfahrten mit einer anschliessenden 180°-Kurve. Vom Weg her sind beide Optionen ungefähr gleich lange. Grip-suchend und herumspulend versuchen alle möglichst schnell voranzukommen. Es muss von aussen ziemlich amüsant aussehen, denn es ist teilweise praktisch Treten an Ort. Bei der 180°-Kurve wird es dann eng. Jede versucht die Kurve auf ihre Art und Weise zu bewältigen: Auf dem Bike oder zu Fuss und mit unterschiedichen Linienwahlen. In der Hektik des Starts verheddert sich mein Bike mit einer anderen Athletin, als diese ausrutscht. Ich kann nicht weiter, ohne Gefahr zu laufen, dass mein Bike Schaden nimmt.
So komme ich später im langen und steilen Singletrail in den grossen Stau, welcher für Leogang bekannt ist. Bei der Brücke halte ich mich am Geländer fest und warte, bis ich weiterfahren kann… Sobald ich wieder fahren kann, gilt es, meine Aufholjagd zu starten.
Aufgrund stockenden Verkehrs kann ich diese aber erst mit der Zeit richtig lancieren, respektive sie gerät zwischenzeitlich wieder etwas ins Stocken. Von der ersten Runde komme ich auf Position 51 zurück. Ich kann mich kontinuierlich nach vorne arbeiten und beende das Rennen auf dem 24. Rang.
Zwei Wochen später führt die Reise über vier wunderschöne Alpenpässe nach Val di Sole (ITA), wo mit dem nächsten Weltcuprennen ein grösserer Rennblock startet. Nach Italien werden die Bike Revolution Davos, die Schweizermeisterschaften in Savognin sowie der Weltcup in Andorra folgen.
Angekommen in Italien, findet am Freitagabend das Shortrace bei sommerlichen Temperaturen und staubigen Bedingungen statt.
Meine Taktik geht nicht wie gewünscht auf und ich muss sehr viel Staub schlucken. Danach geniesse ich eine kleine Erfrischung im Bergbach.
Renn- und Resultatmässig ist es leider ein Wochenende zum Vergessen: Am Sonntag erwische ich zwar einen guten Start, werde danach aber von der Strecke gestossen. Auch danach geht nicht viel über die 1.5h Renndauer.
In den darauffolgenden Tagen tanke ich neue Energie, bevor es wieder in die Berge nach Davos geht. Dort gelingt mir ein gutes und aktives Rennen, welches ich auf dem 3. Rang beende, nachdem ich den Zielsprint gegen Sina Frei verloren habe.
Es folgen die Schweizermeisterschaften in Savognin: Beim Shorttrackrennen am Freitagabend (19h!) bekunde ich schon früh Mühe und muss immer wieder abreissen lassen.
Am Samstagmittag fühle ich mich besser und fahre eine Zeit lang mit der Verfolgergruppe mit. Schlussendlich muss ich mich aber mit Rang 7 begnügen. Rangmässig hätte ich mir etwas mehr erhofft, auch wenn das Niveau in der Schweiz aktuell sehr hoch ist.
Nur wenige Tage später geht es nach Andorra zum nächsten Weltcup. Die lange Reise in die Pyrenäen teilen wir in zwei Etappen auf und verbinden sie noch mit einer Radfahrt in der Provence. Einige Autofahrstunden später erreichen wir La Massana (AND). Die Strecke befindet sich im Skigebiet, auf ca. 1900m.ü.M, umgeben von traumhafter Berglandschaft. Bei der Streckenbesichtigung am Donnerstag stellt sich heraus, dass pro Runde etwas weniger Höhenmeter und Distanz zurückzulegen sind, wie in den letzten Jahren. Dabei befinde ich mich in voller Fahrt der längsten Abfahrt, als ich plötzlich die Kurve völlig falsch anfahre und die Welt nicht verstehe, bis ich realisiere, dass dies bereits der Wendepunkt der Abfahrt darstellt. Anstatt dass wir es noch etwas weiter den Berg runter krachen lassen können, geht es bereits wieder in den Anstieg. Am Donnerstagabend erhalten wir eine Nachricht, dass das Shorttrackrennen zeitlich vorverschoben wird, weil heftige Gewitter erwartet werden.
So starten wir freitags bereits um 9.45h zum XCC. Am höchsten Punkt des sehr steilen Wiesenanstiegs wird es vor der Singletrailabfahrt zu eng und ich komme in den Stau. Als Zweitletzte komme ich von der ersten Runde zurück. Danach mache ich aber konstant Plätze gut. Gegen Ende macht sich dann der Sauerstoffmangel aufgrund der dünneren Luft etwas bemerkbar. Mit Rang 24 konnte ich mir für Sonntag aber einen Startplatz in der dritten Startreihe sichern.
Nach den Niederschlägen am Freitag- und Samstagnachmittag wurde die Strecke richtig rutschig. Beim XCO-Rennen am Sonntag ist die Startphase aufgrund der Bedingungen ein grosses Ghetto. Es herrscht Chaos. Ich habe Mühe, ins Rennen zu finden. Mit der Zeit gelingt mir das aber einigermassen und kann abschnittsweise einiges an Boden gutmachen. Am Schluss schaut Rang 26 heraus.
Doch damit ist der Traum der diesjährigen Heimweltmeisterschaft im Wallis definitiv ausgeträumt. Unter schwierigen Umständen habe ich mein Bestes gegeben. Gleichwohl war es leider nicht gut genug.
Nichtsdestotrotz ist die Saison noch nicht vorbei, und ich bin hochmotiviert, die verbleibenden Chancen bestmöglich zu nutzen.
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