Zurück an einer meiner Lieblings-Weltcup-Destionationen: Vallnord in Andorra! Auf rund 1900m.ü.M., bei wunderschönem, fast 360°-Panoramablick liegt die Strecke im Skigebiet von Pal Arinsal in den Pyrenäen. Das Gelände ist alpin. Ab und zu fliegen noch Gänsegeier vorbei und grüssen vom Himmel. Mit diesem Ort verbinde ich viele positive Erinnerungen, konnte ich hier schon zwei mal in die Top 25 vorstossen: bei meinem ersten Weltcuprennen überhaupt in der U23 und letztes Jahr bei der Elite. Und die Zeichen stehen gut, nach 3 Wochen Höhentrainingslager auf dem Albulapass und einer physisch soliden Leistung beim Swiss Bike Cup Basel. Dementsprechend gross ist meine Vorfreude!
Am Donnerstag geht es erstmals auf die Strecke, um einen ersten Eindruck zu erhalten und die Linien zu studieren. Aktuell ist es schön und relativ warm. Die Strecke ist mehrheitlich trocken und teilweise staubig – trotz Gewitter und starkem Regen am Vorabend. An gewissen Stellen wurde die Strecke weiter gesteckt, sodass es diverse neue Linien gibt. Die Abfahrten führen viel über Steinplatten oder Wurzeln.
Während dem Tag versuche ich so viel Zeit wie möglich auf dem Renngelände zu verbringen, damit ich in der Höhe bin und es angenehmer ist, als sich im Höhenzimmer aufzuhalten. Praktisch, wenn ich einfach mit dem E-Bike vom Ort der Unterkunft zum Ort der Gondelbahn fahren kann. Zurück geht es dann sowieso fast nur abwärts.
Samstags fahren wir mit dem Auto Richtung Renngelände, als uns die Information erreicht, dass das XCO-Training aufgrund einer Unwetterwarnung wegen Gewitter und Sturmböen abgesagt ist. Alle, welche oben bei der Strecke sind, werden gebeten, einen sicheren Ort aufzusuchen. Zum aktuellen Zeitpunkt bleibt offen, ob das Training am heutigen Tag überhaupt noch durchgeführt werden kann. So kehren wir unverrichteter Dinge wieder um und gehen in die Unterkunft zurück. Nun gilt es abzuwarten und wir hoffen fest, dass sich das Wetter beruhigt… Am Nachmittag dürfen wir dann doch noch auf die Strecke.
Weil ich darauf eingestellt war, dass das Training am Morgen stattfindet, geriet die innere Uhr für kurze Zeit etwas durcheinander: Da wir auch nach dem Training am Nachmittag noch eine Mahlzeit zu uns nahmen, dachte ich, es sei erst Mittag, dabei war schon etwa 16h…
Tasche gepackt, mache ich mich am Sonntagmorgen auf den Weg zur Gondel. Oben angekommen, sehe ich auf dem Weg zum Team-Zelt, dass Noëlle Buri, meine Team-Kollegin, im U23-Rennen der Frauen die Spitze übernimmt und der Konkurrenz davonfährt. Ich begebe mich zum Team-Zelt und lege meine Wettkampfs- und Warm-up-Utensilien auf dem Tisch bereit. Trotz dicker Winterjacke empfinde ich es als relativ kalt.
Kurz bevor ich mit dem Warm-up beginnen möchte, beginnt es dann auch noch stark zu regnen. „Ist wohl besser, wenn ich auf der Rolle und somit im Trockenen einfahre“, geht es mir durch den Kopf. „Und vlt. ist “kurz-kurz” zu fahren doch etwas optimistisch?“ Ich bin auch schon bei 7°C in Kurzarm-Trikot und Shorts gefahren, aber mit dem Regen und Wind wird es wahrscheinlich zu kalt werden. Als ein Teil des Staffs freudig vom U23-Rennen der Frauen zurückkommt – denn Noëlle konnte die Führung verteidigen und hat ihren ersten U23-Weltcupsieg dieser Saison gefeiert – schildern sie mir, dass gewisse Fahrerinnen ihre Finger und Füsse nicht mehr gespürt hätten, weil sie dermassen kalt hatten. Also wechsle ich Last-Minute nochmals meinen Einteiler und hole ein Unterziehshirt aus dem Koffer, welches eigentlich schon für die Rückreise gepackt war… Unterdessen nehmen die Mechaniker noch einen Radwechsel vor und montieren einen Reifen mit mehr Grip. Schlussendlich wird alles etwas knapp und hektisch. Das Warm-up muss ich kürzen. Bis zum Start ist das Bike nicht mehr sauber, denn vor den Call Up Boxen befindet sich ein riesiges Schlammloch, welches durchquert werden muss. In den Call Up Boxen erhalte ich noch die letzten Tipps von Luk, unserem Team-Manager.
Beim Rennen erwische ich keinen besonders guten Start und komme schon bald in den stockenden Verkehr.
Bei den technischen Passagen ist jeweils etwas Improvisation gefragt: Ich bin diese noch nie bei nassen Bedingungen gefahren, Regen in Andorra ist eine neue Erfahrung für mich. So merke ich während dem Rennen, dass eine andere Linie bei Nässe doch besser zu fahren ist. Oder wenn ich auf den Wurzeln etwas oberhalb ins Rutschen komme und diese mich in die falsche Richtung lenken, fahre ich weiter unten automatisch wieder eine etwas andere Linie.
Teilweise wähle ich in den ersten Runden bewusst eine andere Linie als die Athletinnen vor mir. So kann ich – sollte eine Athletin in Schwierigkeiten kommen oder langsamer fahren – vorbeiziehen. Allgemein sind die technischen Abfahrten mit Steinen und Wurzeln etwas eine Rutschpartie. So rutsche ich einmal in einen Baum, weil ich etwas stark bremsen musste aufgrund einer Fahrerin vor mir, und muss kurz ein paar Schritte zu Fuss machen. Auf der Grasabfahrt und dem alpinen Boden ist der Grip aber relativ gut.
In den ersten Runden habe ich in den Abfahrten leider keine freie Fahrt und werde aufgehalten, in den Anstiegen habe ich etwas mit Atemproblemen zu kämpfen. Teilweise versuche ich auf einer anderen Linie zu überholen, doch leider bleibt es meistens beim Versuch.
Beim steilen Skipisten-Anstieg weht einem noch der Wind entgegen – als ob die Steigung nicht bereits genug steil wäre – und lässt den Körper etwas auskühlen. Meine Oberschenkel fühlen sich kalt an, obwohl sie auf Hochtouren arbeiten… Und es friert mich leicht.
Meine Position verändert sich während des Rennens nicht gross. Der Speaker sagt zwar, dass alle, die nun ins Ziel kommen, dieselbe Distanz zurückgelegt haben wie die Siegerin, und dies bei diesen harten Bedingungen, was somit eine grossartige Leistung sei.
Aber trotzdem ist das Ergebnis, P42, für mich enttäuschend und ich habe mir deutlich mehr erhofft vom Rennen an dem Ort, wo ich bisher doch so gute Erinnerungen hatte! Doch es bleibt definitiv eine meiner Lieblings-Destinationen des Weltcups!
Und vlt. kann ich nächstes Jahr wieder an die guten Erinnerungen anknüpfen? Vallnord ist 2024 Austragungsort der Mountainbike-Weltmeisterschaften.
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